Auslandsjahr – Wann? Wie? Warum?
Zehn Monate in einem fremden Land. Neue Kulturen kennenlernen, Sprachen lernen und das Leben in einer fremden Familie. Keine Frage, ein Auslandsjahr ist eine großartige Erfahrung und ein tolles Abenteuer, aber auch eine große Herausforderung. Ich selbst fliege im Juli 2015 mit der Agentur Travelworks für 10 Monate in die USA und möchte in diesem Artikel gerne meine Erfahrungen teilen und Tipps zur Planung eines Auslandsjahres geben.
Ein Auslandsjahr muss geplant sein. Es kommen Fragen auf wie: In welches Land fliege ich? Wie lange soll ich fliegen? Mit welcher Agentur? In welcher Klasse? Und noch viele mehr.
Heute ist es eigentlich möglich in jedes Land der Welt zu reisen und dort ein Jahr zu verbringen. Wem zehn Monate zu lang sind, der hat auch die Möglichkeit, nur sechs oder drei Monate zu fliegen. Nicht jede Agentur bietet jedes Land an, aber es gibt kaum ein Land, in das keine Agentur fliegt. Ob man nach Südamerika, Kanada, Thailand, Australien, Neuseeland oder in den Dauerbrenner USA fliegt, muss sich jeder selbst überlegen. Die meisten Austauschschüler gehen in die USA und jede Agentur, die in mehrere Länder fliegt, hat die USA in ihrem Programm. Man sollte sich gut überlegen, welches Land man wählt, schließlich verbringt man eine lange Zeit dort. Auch stellen die Agenturen unterschiedliche Anforderungen an Schüler für verschiedene Länder. Wer nach Kanada fliegt, sollte am besten Französisch können, wer in die USA fliegt, muss Englisch können. Auch sollten eure Eltern euch dabei unterstützen und mit dem Ziel einverstanden sein, schließlich müssen sie euer Auslandsjahr finanzieren.
Wenn die Frage nach dem Land geklärt ist, kommt die Frage „Wann?“ auf. Es gibt viele Möglichkeiten, in welcher Klasse man ein Auslandsjahr macht, möglich ist alles ab der zehnten Klasse aufwärts und ab 15 Jahren bei der Ausreise. Sollte man in der zehnten Klasse fliegen, muss man bedenken, dass man keinen Realschulabschluss macht. Entweder wiederholt man also die zehnte Klasse nach dem Jahr oder macht mindestens bis zum nächsten Abschluss, der Fachhochschulreife in der zwölften Klasse, weiter. Natürlich kommt es bei der Wahl der Klasse auch auf die persönliche Leistung an, sollte man nach dem Auslandsjahr weitermachen, ohne zu wiederholen, muss man den gesamten Stoff der verpassten Klasse nachholen. Fliegt man in der elften oder zwölften Klasse, ist es förderlich, die Klasse zu wiederholen, da diese Schuljahre für das Abitur benötigt werden.
Bei der Wahl der Agentur sollte man immer vergleichen und auch nicht die Mühe scheuen, auf eine Messe zu fahren. Jede Agentur fliegt zu anderen Ländern und hat auch andere Preise und Leistungen. Es ist wichtig, sich genau zu informieren und sich möglichst viele Agenturen anzusehen. Je früher man mit der Auswahl der Agenturen beginnt, desto mehr Zeit hat man, um sich alles anzusehen. Viele Schulen und Agenturen bieten Messen, wie die Jugendbildungsmesse, an, auf denen sie sich vorstellen und auch Fragen beantworten. Solche Messen bieten die perfekte Gelegenheit, sich über die Agenturen zu informieren und vor Ort fragen beantwortet zu bekommen. Agenturen, wie zum Beispiel Travelworks (www.travelworks.de), besitzen alle auch eine Internetseite, über welche man sich informieren kann. Meistens sind diese Messen aber wesentlich informativer, da auch oft ehemalige Austauschschüler die Stände betreuen und von eigenen Erfahrungen erzählen. Jede Agentur hat ebenfalls einen eigenen Katalog mit vielen Informationen und Preislisten, man kann diese auf Messen mitnehmen oder sich per Post zu senden lassen. Sobald man sich für eine oder mehrere Agenturen entschieden hat, muss man einen Bewerbungsbogen ausfüllen. Dieser ist in Katalogen enthalten, aber auch oft über die Website zu erreichen. Füllt man diesen Bogen aus und schickt ihn der Agentur, wird man zu einem ‚Interview‘ eingeladen. Dieses Interview ist eine Art Vorstellungsgespräch bei einem Mitarbeiter der Agentur in der Nähe des eigenen Wohnorts. Teile dieses Gesprächs werden, bei Ländern, in denen Englisch als Voraussetzung gegeben ist, auf Englisch geführt. Der Schüler wird einzeln interviewt, ebenfalls die Eltern. Danach gibt es ein gemeinsames Gespräch. Fliegt man in die USA, machen die meisten Organisationen zusätzlich einen Sprachtest, der von der Partnerorganisation in den USA zur Einreise verlangt wird, und aus einem Hör- und Leseverstehen besteht. Dieser verbleibt bei der Agentur und wird dort ausgewertet. Es ist empfehlenswert, möglichst viele dieser Interviews zu machen, um wieder die Agenturen zu vergleichen und noch offene Fragen zu klären. Beim allgemeinen Vergleich der Agenturen hilft eine Exceltabelle, in der man die verschiedenen Leistungen vergleicht. Zum Schluss kommt es aber am meisten auf das eigene Gefühl an. Man sollte nicht mit einer Agentur fliegen, bei der man sich nicht wohl fühlt.
Die Frage nach der Finanzierung lässt sich oft lösen. Jede Agentur bietet mindestens ein Teilstipendium an, viele auch noch Voll- oder sogenannte Taschengeldstipendien. Bei einem Teilstipendium übernimmt die Agentur einen Teil der Kosten des Programms, bei einem Vollstipendium die gesamten Kosten des Programms und bei einem Taschengeldstipendium bekommt der Schüler jeden Monat einen Geldbetrag von der Agentur gestellt, über den er verfügen kann, wie er will. Es gibt auch die Möglichkeit, Bafög zu beantragen, einen bestimmten Geldbetrag, der einem monatlich, solange der Aufenthalt dauert, überwiesen wird und bei der Finanzierung helfen soll. Um Bafög beantragen zu können, muss man aber einige Kriterien erfüllen, welche man auf der Internetseite www.bafög.de nachlesen kann. Außerdem bieten viele Vereine Stipendien an, zum Beispiel „Weltbürger“ (http://www.weltbuerger-stipendien.de/). Manche Vereine binden sich dabei jedoch an bestimmte Agenturen. So gibt es zum Beispiel das Parlamentarische Patenschafts Programm, kurz PPP. Das ist ein Stipendium über 18 000 Euro für ein Auslandsjahr in die USA, welches vom deutschen Bundestag vergeben wird. Je nach Wahlkreis wird man einer bestimmten Agentur zugeordnet, sobald man das PPP bekommt. Im Durchschnitt bekommt es einer aus jedem Wahlkreis. Man muss mehrere Auswahlgespräche machen, in denen unter anderem Wissen über Politik und auch über das Gastland getestet wird. Sollte man in die zweite Runde kommen, wird ein Auswahlgespräch mit einem Bundestagsabgeordneten geführt, der einen im besten Fall empfiehlt. Danach wird darüber entschieden, wer das Stipendium erhält. Mehr Informationen zum PPP findet man auf www.bundestag.de/ppp . Bei den meisten Stipendien der Agenturen werden Familien bevorzugt, die sich das Auslandsjahr ohne Unterstützung nicht leisten könnten. Manche Agenturen bieten aber auch andere Stipendien an. Meine Agentur Travelworks bietet zum Beispiel ein Kreativ-Teilstipendium an, bei welchem man etwas möglichst Kreatives einschicken muss, ein Komitee entscheidet dann darüber, welche Zusendung am kreativsten war und das Stipendium erhält.
Vielen Eltern und Schülern stellt sich die Frage, warum man überhaupt ein Auslandsjahr machen sollte. Ein Auslandsjahr ist zum einen eine großartige Erfahrung. Man lernt neue Kulturen kennen, lernt toleranter zu sein und eignet sich eine weitere Sprache an. Oft geht es aber auch um das Familiäre. Man lebt eine lange Zeit in einer fremden Familie, wird selbstständiger und unabhängiger, aber man hat auch eine zweite Familie, wenn man zurückkommt. Dem schulischen Verhalten kommt es auch zu Gute. Bei vielen Schülern fehlt die Motivation ab einer bestimmten Zeit. Man ging jahrelang zur Schule und muss immer noch Jahre gehen. Das ist ziemlich bedrückend, man hat das Gefühl, als würde die Schule nie enden, und kämpft sich eher durch, als mit Motivation an den Schultag heranzugehen. Ein Auslandsjahr kann da die perfekte Lösung sein, man verlässt für einige Zeit seinen gewohnten Alltag, lernt neue Dinge kennen und andere Schularten, wenn man zurückkommt, ist neue Motivation vorhanden und man geht anders an seinen Schultag heran.
Die meisten Fragen sind somit abgehakt, was jetzt noch fehlt, ist der Weg nach dem Unterschreiben des Vertrages. Dieser Weg ist von Land zu Land unterschiedlich, daher kann ich nichts darüber berichten und dennoch hoffe ich, dieser Artikel hat euch und Ihnen einen kleinen Einblick in den Prozess und die Chance des Auslandsjahres gegeben und vielleicht sogar einige von euch motiviert, ein eigenes Auslandsjahr zu machen.
(Autorin: Anne D.)